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Arbeitszeitmodelle in der Landwirtschaft

Communiqués /
Publié le 06 septembre 2024

Arbeitszeitmodelle in der Landwirtschaft - Strafen und Beihilfe-Kürzungen vermeiden mit der Triple S–Initiative der Landwirtschaftskammer

Laut geltendem Arbeitsrecht darf die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Die maximal zulässige Höchstarbeitszeit beträgt dabei 10 Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche. Dies ist die Grundregel, die für alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt. Ein Gesetz vom 3. März 2020 hat einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der die Arbeitszeit in der Landwirtschaft regelt und die Möglichkeit schafft, die Höchstarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden pro Tag heraufzusetzen.

Wen betrifft das?

Die Sonderbestimmungen in Sachen Arbeitszeit gelten für Arbeitnehmer (inkl. Auszubildende und Praktikanten), die im Bereich der Landwirtschaft, des Weinbaus und des Gartenbaus beschäftigt sind. Arbeitnehmer, die eine ausschließlich oder wenigstens überwiegend geistige Tätigkeit ausüben (z.B. Bürokräfte), sind hiervon allerdings ausgenommen. Sie unterliegen den gemeinrechtlichen Vorschriften. Dies gilt auch für Auszubildende und Praktikanten, die jünger als 18 Jahre sind.

Was gilt es zu beachten?

Die Arbeitszeit gehört zu jenen Angaben, die zwingend im Arbeitsvertrag festgehalten werden müssen (schriftlich!). Dies beinhaltet die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit sowie die normalen Arbeitszeiten (Beginn und Ende). Änderungen müssen ebenfalls schriftlich festgehalten werden (in Form eines Zusatzes zum bestehenden Arbeitsvertrag). Die geleistete Arbeitszeit (Anfang, Ende, Dauer) muss darüber hinaus täglich dokumentiert werden (auf Papier und/oder digital). Für geleistete Überstunden müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge gewährt werden.

Welche Optionen gibt es?

Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit darf auch in der Landwirtschaft 8 Stunden pro Tag bzw. 40 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Wird das Standard-Arbeitszeitmodell vertraglich festgehalten, fallen schnell Überstunden an, da jede Arbeitsstunde, die die normale Arbeitszeit überschreitet, als Überstunde gilt. Es gilt dabei zu beachten, dass die tatsächliche Arbeitszeit zu keinem Zeitpunkt 10 Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche überschreiten darf!

Wer regelmäßig und/oder über einen längeren Zeitraum Arbeitsspitzen zu bewältigen hat, die mit den oben aufgeführten Arbeitszeiten nicht oder nur schwer zu meistern sind (was in der Landwirtschaft die Regel sein dürfte), dem steht das Referenzperioden-Modell zur Verfügung. Eine Referenzperiode (auch als Bezugszeitraum bezeichnet) kann dabei bis zu max. 6 Monate betragen. Sie muss vertraglich festgehalten werden, mit Angabe der Dauer und gegebenenfalls dem Datum, ab dem die Regelung Anwendung findet (z.B. im Falle einer Änderung an einem bestehenden Arbeitsvertrag). Auch wenn es keine verbindlichen Vorgaben gibt, ist es aus praktischer Sicht ratsam, den Beginn einer Referenzperiode auf den 1. Tag eines Monats festzulegen und als Dauer ganze Monate zu nehmen.

Wurde im Arbeitsvertrag eine Referenzperiode vereinbart, darf die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche betragen, ohne dass dadurch automatisch Überstunden generiert würden. Für eine Dauer von max. 6 Wochen pro Jahr darf die Arbeitszeit sogar bis zu 12 Stunden pro Tag bzw. 60 Stunden pro Woche betragen. Auf die Dauer der vereinbarten Referenzperiode bezogen, darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit jedoch nicht über 40 Stunden hinausgehen! Alle geleisteten Arbeitsstunden, die am Ende der Referenzperiode über die Grenze der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinausgehen, gelten als Überstunden und sind entsprechend zu vergüten. Im Übrigen wird jede Arbeit, die über die Höchstarbeitszeit hinaus geleistet wird, automatisch als Überstundenzeit betrachtet, ohne dass die Möglichkeit zum Ausgleich innerhalb der Referenzperiode besteht. Beträgt die Referenzperiode mehr als 1 Monat, müssen zudem zusätzliche (bezahlte) Urlaubstage gewährt werden (s. Tabelle).

Arbeitszeitmodell
Zulässige Arbeitszeit
Urlaubstage/Jahr
Standard
8 Std./Tag bzw. 40 Std./Woche
kein Zuschlag
Referenzperiode 1 Monat
10 Std./Tag bzw. 48 Std./Woche;
12 Std./Tag bzw. 60 Std./Woche (während max. 6 Wochen/Jahr)
kein Zuschlag
Referenzperiode >1 bis max. 2 Monate
+ 1,5
Referenzperiode >2 bis max. 3 Monate
+ 3
Referenzperiode >3 bis max. 4 Monate
+ 3,5
Referenzperiode >4 bis max. 6 Monate
+ 4

Tabelle: Überblick über die verschiedenen Arbeitszeitmodelle, die in der Landwirtschaft zulässig sind.

Hinsichtlich der Höchstdauer von 6 Wochen (pro Jahr) ist darauf hinzuweisen, dass dies nicht notwendigerweise so zu verstehen ist, dass die Anwendbarkeit dieser Ausnahmeregelung an einen vorherbestimmten und ununterbrochenen Zeitraum von 6 Wochen geknüpft ist, sondern so ausgelegt werden kann, dass sie die tatsächliche und gegebenenfalls in nicht ununterbrochener Weise erfolgende Anwendung dieser Ausnahmeregelungen für einen Zeitraum von höchstens 6 Wochen zulässt.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei Anwendung einer Referenzperiode die Anzahl der Tage, an denen ein Arbeitnehmer mehr als 10 Stunden arbeiten darf, jährlich auf 6 * 5 = 30 Arbeitstage begrenzt ist. Diese können im Jahresverlauf auf mehrere Zeiträume verteilt sein. Es können auch einzelne Tage darunter sein. Wichtig ist, dass die (unabhängig von den Referenzperioden) gesetzlich vorgeschriebenen Mindestruhezeiten gewährt werden (mind. 11 Stunden pro Tag; ununterbrochene Wochenruhezeit von mind. 44 Stunden).

Welches Modell wählen?

Welches spezifische Arbeitszeitmodell für Ihren Betrieb das Beste ist, hängt von vielen Faktoren ab. Aus Arbeitgebersicht bietet das Standardmodell gegenüber dem Referenzperiodenmodell keinen Vorteil. Eine vertraglich vereinbarte Referenzzeit von 1 Monat dürfte in vielen Fällen bereits eine ausreichende Flexibilität bieten. Zudem müssen dann keine zusätzlichen bezahlten Urlaubstage gewährt werden. Wichtig bei der Bemessung der Dauer der Referenzperiode ist zum einen, wann die betriebsüblichen Zeiträume mit Arbeitsspitzen im Jahresverlauf auftauchen und wie lange sie in der Regel andauern. Zum anderen muss abgeschätzt werden, welcher Zeitraum nötig ist, um den erforderlichen Ausgleich für diese betriebsüblichen Arbeitsspitzen zu schaffen, also um sicherzustellen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden am Ende jeder einzelnen Referenzperiode möglichst nicht überschritten wird (ansonsten würden Überstunden anfallen). Gerade bei längeren Referenzperioden kann es daher ratsam sein, den Beginn der Referenzperiode so festzulegen, dass am Ende der Referenzperiode stets ausreichend Zeit bleibt, um die Arbeitsspitzen wieder auszugleichen. Eine Referenzperiode muss dabei nicht zwingend am Jahresanfang anlaufen. Weder des Arbeitszeitmodell noch der Beginn oder die Dauer der Referenzperiode müssen für jeden Angestellten identisch sein. Es versteht sich aber von selbst, dass das Personalmanagement durch uneinheitliche Arbeitszeitmodelle nicht unbedingt einfacher wird.

Auf dem Internetportal der ITM (www.itm.public.lu) werden in der Rubrik „Fragen/Antworten“, Unterrubrik „D18 – Besondere Themen“ Fragestellungen behandelt, die spezifisch die Landwirtschaft betreffen, darunter auch die Sonderbestimmungen betreffend Arbeitszeiten in der Landwirtschaft. Alle Informationen sind dabei sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch verfügbar. Nutzen Sie diese Informationsquelle und fragen Sie bei Bedarf gezielt nach!

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Die Landwirtschaftskammer unterstützt Sie, damit Sie besser auf Kontrollen vorbereitet sind. Wir werden in den kommenden Wochen im Rahmen unserer Triple S-Initiative sämtliche Anforderungen der sozialen Konditionalität thematisch aufarbeiten und allen interessierten Betriebsleitern praxisnahe Hilfestellungen hierzu anbieten.

Sind Sie am Triple S für landwirtschaftliche Betriebe interessiert? Dann kontaktieren Sie uns und sichern Sie sich den Triple S für ihren Betrieb: Sicherheit und soziale Standards mit System!

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