Arbeitssicherheit in der Landwirtschaft
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Publiziert 27 September 2024
Arbeitssicherheit in der Landwirtschaft
Strafen und Beihilfe-Kürzungen vermeiden mit der Triple S–Initiative der Landwirtschaftskammer
Die Arbeitssicherheit ist ein integraler Teil des Arbeitsrechts – und als solches auch der sozialen Konditionalität, die mit dem neuen Agrargesetz in Luxemburg eingeführt wurde. Rund 2/3 der Anforderungen der sozialen Konditionalität entfallen auf diesen Themenbereich.
Wen betrifft das?
Genau genommen betrifft die soziale Konditionalität nur jene Betriebe unmittelbar, die Personal beschäftigen (hierzu gehören neben Saisonarbeitern allerdings auch Auszubildende und Praktikanten!). Bei Zuwiderhandeln kann es zu empfindlichen Beihilfekürzungen kommen (bis zu 10%, im Wiederholungsfall sogar bis zu 20%). Das Thema Arbeitssicherheit ist aber auch unabhängig von staatlichen Kontrollen von großer Bedeutung. Im Falle von Aktivitäten und/oder Einrichtungen, die unter die Commodo-Gesetzgebung fallen, sind zudem in aller Regel implizit Vorgaben im Bereich der Arbeitssicherheit zu befolgen. Es gibt demnach viele gute Gründe, sich näher mit dem Thema Arbeitssicherheit auseinanderzusetzen. Wir unterstützen Sie dabei – damit Sie besser auf Kontrollen vorbereitet sind!
Was gilt es zu beachten?
Die sehr allgemein gehaltenen Anforderungen der sozialen Konditionalität lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Arbeitgeber hat für die Sicherheit seiner Angestellten zu sorgen, indem er geeignete Maßnahmen in den Bereichen Einweisung und Fortbildung der Angestellten, Wartung der Arbeitsmittel sowie Unfallverhütung ergreift und Vorkehrungen für den Ernstfall trifft (Erste Hilfe, Brandbekämpfung, Evakuierung). All dies ist vom Arbeitgeber zu dokumentieren.
Wenn es um Arbeitssicherheit geht, gilt ganz allgemein die Reihenfolge Sensibilisieren - Vermeiden - Eingreifen. Diese Logik findet sich auch in den Anforderungen wieder, die in der sozialen Konditionalität zusammengefasst wurden und die wir bereits in einem Beitrag im LB vom 16. August 2024 veröffentlicht haben. Im Nachfolgenden gehen wir spezifisch auf die wichtigsten Anforderungen ein und präsentieren entsprechende Hilfestellungen, an denen die Landwirtschaftskammer derzeit mit ihren Partnern arbeitet.
Travailleur désigné (Sicherheitsbeauftragter):
Jeder Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, eine sogenannte Fachkraft für Arbeitssicherheit zu ernennen, die mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Verhütung berufsbedingter Gefahren beauftragt wird, und den Arbeitgeber bei der Gefahrenprävention unterstützt. Es können dazu auch externe Dienstleister hinzugezogen werden. Bei bis zu 49 Angestellten kann der Arbeitgeber selbst die Funktion des Sicherheitsbeauftragten übernehmen. Die entsprechenden Weiterbildungskurse für landwirtschaftliche Betriebe werden vom MBR Lëtzebuerg angeboten. Bei einer Kontrolle muss das Zertifikat des Sicherheitsbeauftragten vorgelegt werden. Die Ernennung eines Mitarbeiters zum Sicherheitsbeauftragten sollte schriftlich festgehalten werden.
Risikobewertung und Schutzmaßnahmen:
Die Fachkraft für Arbeitssicherheit muss die einschlägigen Rechtsvorschriften in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer kennen, und über die notwendigen technischen Kenntnisse verfügen, um die am Arbeitsplatz bestehenden Gefahren einschätzen zu können. Eine wichtige Aufgabe des Sicherheitsbeauftragten besteht demnach darin, gemeinsam mit dem Betriebsleiter eine Evaluierung der am Arbeitsplatz bestehenden Risiken (évaluation des risques) zu erstellen. Er muss die durchzuführenden Schutzmaßnahmen und, falls notwendig, die zu verwendenden Schutzmittel festlegen. Er sorgt darüber hinaus dafür, dass die festgelegten Sicherheitsvorschriften bekannt sind und befolgt werden.
Eine Risikobewertung (auch Gefährdungsbeurteilung genannt) erfolgt immer schriftlich. Praktisch bedeutet dies, dass die einzelnen Gefahrenpunkte auf einem Betrieb zunächst identifiziert und anschließend hinsichtlich ihres Risikos (also der Wahrscheinlichkeit eines Vorfalls) bewertet werden müssen, wobei sich das jeweilige Risiko aus der Formel „Gefahr x Exponierung“ ableiten lässt. Dies erlaubt eine Priorisierung der einzelnen Gefahrenpunkte. Als letzter Schritt der Risikobewertung sind für die einzelnen Gefahrenpunkte präventive Maßnahmen festzulegen und umzusetzen. Allgemeine Hilfestellungen hinsichtlich der Erstellung einer Risikobewertung erhalten Sie einerseits bei der Association d‘assurance accident (AAA - Service Prévention, Tel.: 26 19 15 – 2201). Auf deren Internetseite finden Sie zudem die Broschüre „Schritt für Schritt in Richtung Gefährdungsbeurteilung und Risikomanagement“ (www.aaa.public.lu, Rubrik „Dokumentation“, Unterrubrik „Publikationen“). Eine praktische Unterstützung und Beratung bei der Erstellung einer Risikobewertung bietet die Landwirtschaftskammer im Rahmen des FOSTER-Programms an (s. weiter unten).
Arbeitsunfälle:
Der Arbeitgeber muss ein Verzeichnis der Arbeitsunfälle führen, die einen Arbeitsunfall von mehr als drei Arbeitstagen für einen Arbeitnehmer zur Folge hatten, und der ITM entsprechende Berichte zukommen lassen. Ein entsprechendes Formular ist auf dem Internetportal der ITM zu finden (www.itm.public.lu, Rubrik „Formulare“).
Einweisung und Fortbildung:
Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, den Arbeitnehmern die Informationen zukommen zu lassen, die für die Arbeitssicherheit relevant sind, insbesondere bei risikobehafteten Arbeiten. Dazu gehört einerseits eine initiale Einweisung (z.B. Gefahrenpunkte; Umgang mit Maschinen, Geräten und Betriebsmitteln), andererseits auch der (kostenlose) Zugang zu Fortbildung mit Bezug zur Arbeitssicherheit. Auch hier bietet das FOSTER-Programm der Landwirtschaftskammer praxisnahe Hilfestellungen an.
Unfallverhütung:
Im Bereich der Unverfallverhütung überarbeitet die AAA derzeit ihre Empfehlungen. Die aktuelle Version, die vorrangig forstwirtschaftliche Themen behandelt, kann auf deren Internetseite runtergeladen werden (Rubrik „Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz“, Unterrubrik „Empfehlungen zur Unfallverhütung“). Eine aktualisierte Broschüre, die sich spezifisch an den landwirtschaftlichen Sektor richtet und Sie dabei unterstützt, konkrete Maßnahmen auf Ihrem Betrieb zu ergreifen, ist derzeit in Ausarbeitung. Die Landwirtschaftskammer hat im Rahmen ihrer Triple S-Initiative in den vergangenen Wochen bereits mehrere Beiträge zu ausgewählten landwirtschaftlichen Arbeiten publiziert, in denen die einschlägigen Sicherheitsvorkehrungen kurz und bündig zusammengefasst wurden. Weitere Beiträge mit Praxistipps sind in der Vorbereitung.
Umgang mit Arbeitsmitteln:
Unter Arbeitsmittel sind Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden, zu verstehen. Der Mulcher gehört also genauso dazu wie der Trennschleifer oder die Leiter. Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitsmittel grundsätzlich für den Einsatzzweck geeignet, funktionstüchtig und mit den entsprechenden Sicherheitsvorrichtungen ausgestattet sind. Sicherheitsrelevante Arbeitsmittel sind in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und ggf. zu erproben. Dies ist schriftlich zu dokumentieren (z.B. Eigendokumentation, Wartungsnachweise, Rechnungen, …). Im Falle von Arbeitsmitteln, von deren Benutzung eine spezifische Gefährdung ausgeht, dürfen Reparaturen nur von eigens hierzu befugten Personen/Angestellten durchgeführt werden.
Vorkehrungen für den Ernstfall:
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, sowohl ein Erste-Hilfe-Konzept (EHK) als auch ein Brandschutzkonzept (BSK) zu erarbeiten und umzusetzen. Auch für eine eventuell nötige Evakuierung der Arbeitnehmer müssen Vorkehrungen getroffen werden. Da es im Ernstfall sehr schnell um Leben und Tod bzw. um Haus und Hof gehen kann, hat die Landwirtschaftskammer Kontakt mit dem CGDIS aufgenommen, um in enger Zusammenarbeit mit deren Fachleuten entsprechende, spezifisch auf den landwirtschaftlichen Kontext ausgelegte Modelle auszuarbeiten, die vom Betriebsleiter mit vertretbarem Aufwand an den eigenen Betrieb angepasst werden können. So kann z.B. die Arbeit der Einsatzkräfte durch eine standardisierte Erfassung aller im Brandfall wichtigen Informationen (Zugangswege, Wasseranschlüsse, Lagerung von Gefahrengut, …) vereinfacht werden. Im Ernstfall kann dies wertvolle Zeit sparen.
Entlastung durch digitale Tools
Das von der Landwirtschaftskammer auf der diesjährigen FAE vorgestellte, spezifisch auf den landwirtschaftlichen Sektor zugeschnittene FOSTER-Programm, das kontinuierlich auf unsere rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst wird, ermöglicht zum einen die Bewertung der Ist-Situation in allen sicherheitsrelevanten Themenbereichen, dies mit Hilfe eines geschulten Beraters (Betriebsbegehung, Gefährdungsbeurteilung, Maßnahmenplanung). Konkrete, praxisnahe Anleitungen gehören zur Beratung dazu und erlauben den Betriebsleitern, eventuelle Mängel zu beheben. Schließlich unterstützt das System den Betriebsleiter dabei, wichtige betriebliche Vorgänge zu planen und zu dokumentieren (u.a. mit entsprechenden Vorlagen) und dabei stets den Überblick zu behalten, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von gesetzlich vorgegebenen Fristen. Das FOSTER-Tool sieht z.B. zahlreiche Powerpoint-gestützte Sicherheits-Einweisungen für Mitarbeiter vor (mehrsprachlich!), die bequem über das Programm dokumentiert werden können. Die zahlreichen thematischen Betriebsanweisungen, die das FOSTER-System beinhaltet, können zudem als Ausgangspunkt für die obligatorische betriebliche Risikobewertung und Maßnahmenplanung genutzt werden. FOSTER ist durchgehend als Online-Tool konzipiert, das sowohl im Internet-Browser als auch als App auf dem Smartphone bedient werden kann. Dadurch wird gewährleistet, dass der Betriebsleiter stets Zugriff auf wichtige Dokumente und Informationen hat. Auch im Falle einer Kontrolle (durch die ITM) ist dies sicherlich von Vorteil.
Bleiben Sie auf dem Laufenden!
Auf dem Internetportal der ITM werden in der Rubrik „Fragen/Antworten“, Unterrubrik „Sicherheit/Gesundheit“, Fragen bezüglich der Arbeitssicherheit behandelt. Alle Informationen sind dabei sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch verfügbar. Nutzen Sie diese Informationsquelle und fragen Sie bei Bedarf gezielt nach!
Im Rahmen ihrer Triple S-Initiative wird die Landwirtschaftskammer regelmäßig praxisrelevante Beiträge zur sozialen Konditionalität publizieren, um allen interessierten Betriebsleitern konkrete Hilfestellungen anzubieten. Ab November werden wir außerdem eine Serie von Info-Veranstaltungen organisieren, die sich schwerpunktmäßig mit der sozialen Konditionalität sowie sicherheitsrelevanten Themen befassen wird. Das FOSTER-Programm, das derzeit noch im Rahmen eines vom Landwirtschaftsministerium finanzierten Pilotprojekts läuft, soll dann ebenfalls näher vorgestellt werden.
Sind Sie am Triple S für landwirtschaftliche Betriebe interessiert? Dann kontaktieren Sie uns und sichern Sie sich den Triple S für ihren Betrieb: Sicherheit und soziale Standards mit System!
Ihre Landwirtschaftskammer