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Soziale Konditionalität

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Publiziert 16 August 2024

Soziale Konditionalität - Strafen und Beihilfe-Kürzungen vermeiden mit der Triple S–Initiative der Landwirtschaftskammer

Soziale Konditionalität – Wen betrifft das?

Auf EU-Ebene wurde entschieden, die Rechte von Arbeitnehmern in der Landwirtschaft stärker zu schützen, indem die verschiedenen Beihilfen an (aktuell bereits verbindliche!) Mindestanforderungen im Bereich Arbeitsrecht (inkl. Arbeitssicherheit) geknüpft werden. Diese sogenannte soziale Konditionalität, die mit dem neuen Agrargesetz in Luxemburg eingeführt wurde, enthält insgesamt 22 Prinzipien bzw. Anforderungen, die bei Zuwiderhandeln zu empfindlichen Beihilfekürzungen führen können (bis zu 10%, im Wiederholungsfall sogar bis zu 20%).

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die soziale Konditionalität auf dem Arbeitsrecht aufbaut und somit im Grunde genommen nur jene Betriebe unmittelbar betrifft, die Personal beschäftigen (hierzu gehören neben Saisonarbeitern allerdings auch Auszubildende und Praktikanten!).

Soziale Konditionalität – Wer kontrolliert das?

Die von der sozialen Konditionalität abgedeckten Themenbereiche werden ausschließlich von der ITM kontrolliert (z.B. in Folge von gemeldeten Unfällen oder im Rahmen von Stichproben). Werden bei einer Kontrolle Verstöße festgestellt, erhält der Betrieb einen Kontrollbericht. Je nach Verstoß wird dem Betrieb von der ITM eine gewisse Frist zugestanden, um sich konform zu setzen. Erst nach Ablauf dieser Frist und entsprechender Überprüfung wird der finale Kontrollbericht von der ITM erstellt und an den SER weitergeleitet, der darüber entscheidet, ob und inwiefern die gemeldeten Verstöße zu Beihilfekürzungen führen. Die ITM kann aber auch selbst Strafen verhängen! In beiden Fällen besteht natürlich immer die Möglichkeit, bei der jeweiligen Verwaltung innerhalb einer vorgegebenen Frist schriftlich Einspruch einzulegen.

Soziale Konditionalität – Was ist das?

Die soziale Konditionalität deckt zwei Themenbereiche ab: Arbeitsverhältnis (L1) sowie Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (L2).

Der erste Themenbereich bezieht sich auf den Arbeitsvertrag sowie spezifische Bestimmungen des Arbeitsrechts. Folgende Mindestanforderungen gelten für einen Arbeitsvertrag:

  • Er muss schriftlich verfasst sein (dies gilt auch für Änderungen an bestehenden Arbeitsverträgen).
  • Er muss spätestens zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unterschrieben sein.
  • Er muss mindestens die folgenden Informationen enthalten:
    • die Personalien der Parteien des Arbeitsverhältnisses;
    • den Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses;
    • bei befristeten Arbeitsverhältnissen (z.B. Saisonarbeiter): das Enddatum oder die Mindestdauer des Arbeitsverhältnisses;
    • den Arbeitsort;
    • die Funktionsbezeichnung (z.B. landwirtschaftlicher Arbeiter, Erntehelfer) bzw. die Art der Arbeit, die dem Arbeitsnehmer zugewiesen wurde;
    • Angaben zum Arbeitszeitmodell (Standard-Arbeitszeitmodell oder Anwendung von Referenzperioden) und zur üblichen täglichen/wöchentlichen Arbeitszeit (Dauer und Arbeitszeiten);
    • die Modalitäten der Entlohnung;
    • Angaben zur Urlaubsregelung (Dauer oder zugrunde liegende Berechnungsmethode);
    • Angaben zu den jeweils einzuhaltenden Kündigungsfristen (Arbeitgeber, Arbeitnehmer);
    • gegebenenfalls die Dauer und die Bedingungen der Probezeit (min. 2 Wochen, je nach Ausbildungsniveau des Arbeitsnehmers max. 3 oder 6 Monate).

Für geleistete Überstunden müssen darüber hinaus die gesetzlich vorgeschriebenen Zuschläge gezahlt werden. Bei Anwendung von Referenzperioden müssen u.U. zusätzliche Urlaubstage gewährt werden. Dies setzt natürlich voraus, dass die Arbeitszeit der Angestellten dokumentiert wird! Eine weitere Anforderung betrifft die Pflicht seitens des Arbeitgebers, den Angestellten eine adäquate Fortbildung im Bereich der Arbeitssicherheit anzubieten: Diese muss für den Angestellten kostenlos sein und während der Arbeitszeit angeboten werden. Sie kann im Betrieb durchgeführt werden.

Wir werden in einem separaten Beitrag genauer auf die Anforderungen an einen Arbeitsvertrag sowie die verschiedenen Arbeitszeitmodelle eingehen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass auf der Internetseite der ITM (www.itm.public.lu) bereits zahlreiche Fragestellungen zum Arbeitsrecht sowie zur Arbeitssicherheit, auch solche, die spezifisch die Landwirtschaft betreffen, behandelt werden (Rubrik „Fragen/Antworten“; Unterrubrik „D18 – Besondere Themen“). Alle Informationen sind dabei sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch verfügbar. Nutzen Sie diese Informationsquelle und fragen Sie bei Bedarf gezielt nach!

Der zweite Themenbereich der sozialen Konditionalität bezieht sich auf spezifische Anforderungen im Bereich der Arbeitssicherheit. Die sehr allgemein gehaltenen Anforderungen lassen sich dabei wie folgt zusammenfassen: Der Arbeitgeber hat für die Sicherheit seiner Angestellten zu sorgen, indem er geeignete Maßnahmen in den Bereichen Einweisung und Fortbildung der Angestellten, Wartung der Arbeitsmittel sowie Unfallverhütung ergreift und Vorkehrungen für den Ernstfall trifft (Erste Hilfe, Brandbekämpfung, Evakuierung). All dies ist vom Arbeitgeber zu dokumentieren.

Im Detail gelten für den Themenbereich Arbeitssicherheit folgende Anforderungen:

  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Angestellten zu sorgen.
  • Der Arbeitgeber trifft die hierzu erforderlichen Maßnahmen einschließlich jener zur Verhütung berufsbedingter Gefahren, zur Information und zur Unterweisung der Angestellten.
  • Der Arbeitgeber benennt einen oder mehrere Angestellten, die er mit Schutzmaßnahmen und Maßnahmen zur Verhütung berufsbedingter Gefahren beauftragt („travailleur désigné“). Es können auch externe Dienstleister hinzugezogen werden. Bei bis zu 49 Angestellten kann der Arbeitgeber selbst die Funktion des „travailleur désigné“ übernehmen.
  • Der Arbeitgeber muss Maßnahmen treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Angestellten erforderlich sind.
  • Der Arbeitgeber muss über eine Evaluierung der am Arbeitsplatz bestehenden Gefahren verfügen („évaluation des risques“). Er muss die durchzuführenden Schutzmaßnahmen und, falls notwendig, die zu verwendenden Schutzmittel festlegen. Er muss eine Liste der Arbeitsunfälle, die einen Arbeitsunfall von mehr als drei Arbeitstagen für den Angestellten zur Folge hatten, führen und der ITM entsprechende Berichte zukommen lassen.
  • Der Arbeitgeber trifft die geeigneten Maßnahmen, damit die Angestellten alle erforderlichen Informationen zu Gefahren für Sicherheit und Gesundheit erhalten. Dies gilt auch für die Schutzmaßnahmen sowie die Maßnahmen zur Gefahrenverhütung.
  • Die Arbeitgeber hören die Angestellten an und ermöglichen deren Beteiligung bei allen Fragen betreffend die Sicherheit und die Gesundheit am Arbeitsplatz.
  • Der Arbeitgeber sorgt dafür, dass jeder Angestellte eine ausreichende und angemessene Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz, insbesondere in Form von Informationen und Anweisungen, erhält.
  • Der Arbeitgeber trifft die erforderlichen Vorkehrungen, damit die den Angestellten zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel für die jeweiligen Arbeiten geeignet sind, so dass bei der Benutzung die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Angestellten gewährleistet sind.
  • Der Arbeitgeber benutzt Arbeitsmittel, die den Bestimmungen der geltenden Richtlinien entsprechen und stellt sicher, dass die Arbeitsmittel gewartet werden.
  • Der Arbeitgeber sorgt dafür, dass die Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängt, durch hierzu befähigte Personen vor der ersten Inbetriebnahme einer Erstüberprüfung unterzogen werden. Außerdem sorgt er dafür, dass alle Arbeitsmittel regelmäßig durch befähigte Personen überprüft und gegebenenfalls erprobt werden. Die Ergebnisse der Überprüfungen sind schriftlich festzuhalten.
  • Ist die Benutzung eines Arbeitsmittels mit einer möglichen spezifischen Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit der Angestellten verbunden, so trifft der Arbeitgeber die erforderlichen Vorkehrungen, damit a) die Benutzung des Arbeitsmittels den hierzu beauftragten Personen vorbehalten bleibt; b) Instandsetzungs-, Umbau-, Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten nur von eigens hierzu befugten Angestellten durchgeführt werden.
  • Der Arbeitsplatz und die Körperhaltung, die die Arbeitnehmer bei der Benutzung der Arbeitsmittel einnehmen müssen, sowie die ergonomischen Grundsätze werden vom Arbeitgeber bei der Anwendung der Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz in jeder Hinsicht berücksichtigt.
  • Der Arbeitgeber trifft die erforderlichen Vorkehrungen, damit den Angestellten angemessene Informationen und gegebenenfalls Betriebsanleitungen für die bei der Arbeit benutzten Arbeitsmittel zur Verfügung stehen.
  • Der Arbeitgeber trifft die erforderlichen Vorkehrungen, damit die mit der Benutzung bzw. Wartung der Arbeitsmittel beauftragten Arbeitnehmer eine angemessene Unterweisung erhalten.

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Die drohenden Strafen (ITM) und Beihilfekürzungen (SER) sollten für sich genommen bereits ausreichen, um sich näher mit den Bestimmungen der sozialen Konditionalität zu befassen und zu überprüfen, inwiefern bei dem einen oder anderen Punkt Nachbesserung erforderlich sein könnte. Es gilt aber auch zu bedenken, dass insbesondere bei schweren Unfällen immer Schadensansprüche drohen. Gerade das Thema Arbeitssicherheit sollte daher nicht auf die leichte Schulter genommen werden – auch weil die meisten landwirtschaftlichen Betriebe auf Grund einer nicht vorhandenen Gesellschaftsform voll haftbar sind!

Die Landwirtschaftskammer unterstützt Sie dabei, auch damit Sie besser auf Kontrollen vorbereitet sind. Wir werden in den kommenden Wochen im Rahmen unserer Triple S-Initiative die Anforderungen der sozialen Konditionalität thematisch aufarbeiten und allen interessierten Betriebsleitern praxisnahe Hilfestellungen hierzu anbieten (insbesondere im Hinblick auf die ordnungsgemäße Dokumentation). In enger Zusammenarbeit mit dem CGDIS wird aktuell an einem spezifisch auf den landwirtschaftlichen Kontext ausgelegten Erste-Hilfe-Konzept (EHK) sowie Brandschutzkonzept (BSK) gearbeitet. Im Bereich der Unverfallverhütung überarbeitet die AAA (Association d‘assurance accident) derzeit ihre Empfehlungen. Im Laufe des Jahres soll eine offizielle Publikation erscheinen, die sich spezifisch an den landwirtschaftlichen Sektor richtet und Sie dabei unterstützt, konkrete Maßnahmen auf Ihrem Betrieb zu ergreifen.

Sind Sie am Triple S für landwirtschaftliche Betriebe interessiert? Dann kontaktieren Sie uns und sichern Sie sich den Triple S für ihren Betrieb: Sicherheit und soziale Standards mit System!

Ihre Landwirtschaftskammer

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